Was ist erlaubt und wo liegen die Grenzen?

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Was ist erlaubt und wo liegen die Grenzen? 


Rauchen, Musizieren, Kinderlärm oder Grillen: Ob im Einfamilien- oder Mehrfamilienhaus, oft kennen Nachbarn die Lebensgewohnheiten ihrer Mitmenschen nur zu gut. Es gibt aber rechtliche Grenzen.

 

So sieht das Bürgerliche Gesetzbuch für Eigentümer von Grundstücken Abwehr- und Unterlassungsansprüche gegen ihre Nachbarn vor, wenn von diesen Grundstücken Dämpfe, Gerüche, Rauch, Ruß, Geräusche oder Ähnliches ausgehen. Beeinträchtigen diese Immissionen den Grundstücksgebrauch der Nachbarn wesentlich, ist die Grenze erreicht. Der Nachbar muss dies nicht mehr dulden. Ähnliches gilt auch unter Mietern. Auch sie können Abwehransprüche aus ihrem Besitzschutz herleiten.

Hausordnung erfolgreich eingeklagt

n dem verhandelten Fall konnte sich eine Eigentümergemeinschaft lange Zeit nicht auf eine gemeinsame Hausordnung einigen. Es lagen zwar immer wieder verschiedene Entwürfe zur Abstimmung vor. Eine Mehrheit konnte bei den Eigentümerversammlungen allerdings für keinen der Entwürfe gefunden werden. Einem Miteigentümer riss schließlich der Geduldsfaden: Er klagte die Hausordnung vor Gericht ein – mit Erfolg. Jeder Eigentümer kann verlangen, dass erforderliche Verwaltungsmaßnahmen vom Gericht anstelle der Eigentümer getroffen werden, wenn diese trotz mehrfacher Beschlussanträge nicht dazu in der Lage sind. Dazu gehöre auch die Aufstellung einer Hausordnung. Die Eigentümer konnten sich nach der Verhandlung dann tatsächlich auf eine Hausordnung einigen.

Wann handelt es sich um eine wesentliche Beeinträchtigung?

Wann eine Störung unwesentlich oder wesentlich ist, muss nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen beurteilt werden und unterliegt regelmäßig einer Tatsachenfeststellung. Im Streitfall nimmt der Richter diese vor, indem er meist einen Sachverständigen zu einem Ortstermin bestellt, um die streitige Einwirkung in ihrer Intensität zu begutachten. Werden gesetzliche oder in Rechtsverordnungen festgelegte Grenz- oder Richtwerte im konkreten Fall überschritten, handelt es sich meist um wesentliche Beeinträchtigungen, die dem Nachbarn nicht zumutbar sind. In diesen Fällen sind Maßnahmen zu ergreifen, um die Störungen zu beenden oder jedenfalls abzumildern.

Musizieren

Das Üben und Spielen eines Instruments ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 26. Oktober 2018, V ZR 143/17, eine übliche Form der Freizeitgestaltung und daher als sozial adäquat anerkannt. In gewissen Grenzen, nämlich grundsätzlich zwei bis drei Stunden an Werktagen und ein bis zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen außerhalb der üblichen Ruhezeiten, ist es deshalb als unwesentliche Beeinträchtigung zu dulden.

Kinderlärm

Üblicher Kinderlärm ist grundsätzlich sozial adäquat und damit zumutbar, so regelt es das Bundes-Immissionsschutzgesetz in § 22a. Dieses findet zwar keine unmittelbare Anwendung im Nachbarschaftsverhältnis, aber die Wertung wird auch im Zivilprozess herangezogen. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 22. August 2017, VIII ZR 226/16, bekräftigt, dass Lärm, hervorgerufen durch altersgerechtes, übliches kindliches Verhalten, von den Nachbarn grundsätzlich hinzunehmen sei, allerdings in Grenzen. Diese sind im „Einzelfall zu bestimmen unter Berücksichtigung von Art, Qualität, Dauer und Zeit der verursachten Geräuschimmissionen, des Alters und des Gesundheitszustandes des Kindes sowie der Vermeidbarkeit der Emissionen, etwa durch objektiv gebotene erzieherische Maßnahmen“.

Rauchen auf Balkon oder Terrasse

Intensiv wahrnehmbarer Rauch ist nach Ansicht des BGH, Urteil vom 16. Januar 2015, V ZR 110/14, eine wesentliche Beeinträchtigung. Allerdings hat der Nachbar nur einen eingeschränkten Unterlassungsanspruch, denn auch er muss auf die Rechte des Rauchers Rücksicht nehmen. Fehle es an verbindlichen Regelungen, zum Beispiel in einer Hausordnung, führe dies zu einer zeitlichen Gebrauchsregelung für die Nutzung von Balkon oder Terrasse. So müssen sowohl dem Rauchenden als auch dem Nichtrauchenden Zeitfenster für die ungestörte Nutzung vorgehalten werden.

Grillen

Bisher ist noch keine Entscheidung des BGH zum Grillen auf Terrasse und Balkon ergangen. Es gibt aber verschiedene Instanzenentscheidungen zum Thema. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 29. Juli 2002, 13 U 53/02, ist das Grillen während der Sommermonate als sozial adäquat in gewissen Grenzen zu dulden. Das Amtsgericht Westerstede, Beschluss vom 30. Juni 2009, 22 C 614/09, gestattet das Grillen zweimal im Monat in den Monaten Mai bis September, also zehnmal im Jahr. Das Amtsgericht Bonn hat das Grillen mit einem Holzkohlegrill (Urteil vom 29. April 1997, 6 C 545/96) nur einmal im Monat als unwesentliche Beeinträchtigung angesehen.

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